Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist für alle Mitglieder der Gesellschaft – egal, wo sie selbst oder ihre Vorfahren geboren wurden – von Bedeutung. Das Grundgesetz als Basis unserer offenen und solidarischen Gesellschaft wurde als Konsequenz aus dem nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen
geschaffen. Der Erinnerungsort hat sich deshalb in den letzten Jahren kontinuierlich mit den Bedarfen und Herausforderungen der (post-)migrantischen Gesellschaft auseinandergesetzt, um die Geschichtsvermittlung zum Nationalsozialismus für Menschen anderer Herkunft zu öffnen und auch für sie aktuelle lebensweltliche Anknüpfungspunkte zu schaffen.
In den zehn Jahren beleuchteten viele Sonderausstellungen und hunderte von Veranstaltungen wichtige Aspekte der nationalsozialistischen Geschichte und informierten über die Gefahren von Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Besonders berührend waren die Begegnungen mit den Überlebenden der nationalsozialistischen Verfolgung und Vernichtung. Zu einer wichtigen Wegbegleiterin wurde die ungarische Jüdin Éva Fahidi-Pusztai, die im Oktober 2020 ihren 95. Geburtstag beging. 59 Jahre sprach sie nicht darüber, dass die Nationalsozialisten ihre Familie ermordeten und ihr gesamtes bisheriges Leben zerstörten.
Als Jüdin wurde sie nach der deutschen Besetzung Ungarns mit ihrer Familie in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort wurde sie am 1. Juli 1944 auf der Rampe von ihren Eltern, ihrer elfjährigen Schwester und weiteren Verwandten getrennt. Alle außer ihr wurden ermordet, insgesamt 49 Mitglieder der Großfamilie. Nach langem Schweigen ist sie heute eine unersetzbare und berührende Botschafterin der Menschlichkeit. Im November 2012 ehrte die Landeshauptstadt Erfurt Éva Fahidi-Pusztai mit einem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt. Sie widmete ihre Worte den Überlebenden des Vernichtungslagers:
Denen die in Auschwitz-Birkenau im Schatten der hier hergestellten Krematorien mit der Aufschrift „Topf und Söhne Erfurt“ lebten, bleiben diese Zeiten in Erinnerung. Sie bleiben in uns als für die Ewigkeit brennende Gegenwart!
Éva