MDR Kultur: 10 Jahre Erinnerungsort Topf & Söhne
10 Jahre Erinnerungsort Topf & Söhne
MDR Kultur: 10 Jahre Erinnerungsort Topf & Söhne
Rebekka Schubert
Also für uns hier am Erinnerungsort Topf & Söhne war die Begegnung mit Überlebenden immer ein besonderes Highlight, zum Beispiel um den 27. Januar.
In diesem Jahr gibt es keine Begegnung, zumindest nicht persönlich, sondern online.
Rebekka Schubert arbeitet seit zehn Jahren im Erinnerungsort. Sie ist zuständig für Bildungsarbeit und möchte an diesem Ort eines besprechen: Menschenwürde und Menschenrechte. Genau das macht den ehemaligen Täterort heute aus.
Rebekka Schubert
Er fragt mit seiner Dauerausstellung „Techniker der Endlösung Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz“ nach dem Warum? Warum haben sich Menschen aus der Mitte der Gesellschaft damals an den Massenverbrechen beteiligt?
15 Jahre hat es gedauert, um diesen Ort in einen Erinnerungsort zu verwandeln. Nach 1945 war es eine Maschinenfabrik, ein Mälzerei- und Speicher-Bau, in den 90er Jahren dann ein privates Unternehmen.
Annegret Schüle
Nach der Wende begann die Diskussion mit dem Antrag auf Rückübertragung des Unternehmens durch Mitglieder der Familie Topf.
Und es war keine leichte Zeit, weiß Annegret Schüle, die von Beginn an die Leiterin des heutigen Erinnerungsortes ist. Auch ihrer wissenschaftlichen und publizistischen Arbeit ist es zu verdanken, dass nach einem Forschungsprojekt die erschütternde Geschichte der Ofenbauer nicht mehr schönzureden war.
Annegret Schüle
Einerseits war das schon sozusagen eine sehr anstrengende Zeit, weil man das Gefühl hatte, man ist der Botschafter der schlechten Nachricht. Man ist derjenige, der sagt: Hier gab es wirklich Mittäterschaft am Menschheitsverbrechen in Auschwitz.
Seit zehn Jahren organisiert sie mit einem kleinen Team, bestehend aus ihr und einer weiteren festen Stelle sowie FSJlern die Bildungsarbeit. Viele Schulklassen sind normalerweise zu Gast. Es gibt regelmäßige Podien, Filme und immer wieder Begegnungen.
Annegret Schüle
Die Zeitzeugen-Begegnungen waren immer schon der Höhepunkt, der besondere Höhepunkt im Jahr, also die Alltagsarbeit mit den Gruppen findet über die Arbeit mit den Quellen statt, über die Arbeit mit den Interviews, die wir ja geführt haben. In der Dauerausstellung, in den Sonderausstellungen, mit den vielen Facetten, die wir da zusätzlich thematisch anbieten können.
Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern, auch wenn die Zeitzeugen immer weniger werden. Allein im vergangenen Jahr haben mehr als 13.000 Gäste das Haus besucht. Die Hälfte davon waren Gruppen. Jede zweite war eine Schülergruppe. Ansonsten gibt es auch hier den Austausch mit Gäste-Gruppen der Bundeswehr, mit Polizeianwärtern des mittleren Dienstes, mit Menschen also, die als Erwachsene an Bildungsprojekten teilnehmen.
Auch wenn es derzeit still ist in den Ausstellungen, und der Ort pandemiebedingt für Publikum geschlossen bleibt, Rebekka Schubert freut sich, wenn bald wieder Schulklassen die Räume betreten dürfen. Denn mit Bildungsarbeit möchte sie vor allem jene erreichen, …
Rebekka Schubert
… die sich vielleicht noch nicht so ganz schlüssig sind, wie sie sich gegenüber Menschenrechten positionieren, vielleicht auch Menschen, die ambivalent sind oder vielleicht auch indifferent. Und meine Hoffnung ist, dass durch faktenorientierte und menschenrechts-orientierte Bildungsarbeit, die wir hier am Erinnerungsort machen, dass wir die Menschen einerseits ermutigen können, aber auch sie befähigen können, mitmenschlich zu denken und zu handeln.