Wir trauern um Éva Fahidi-Pusztai (22.10.1925 – 11.09.2023)

Erinnerungen und virtuelles Kondolenzbuch

Foto: Éva Fahidi-Pusztai Foto: © Norman Hera

Mit großer Betroffenheit haben wir erfahren, dass Éva Fahidi-Pusztai im Alter von 97 Jahren in ihrer Heimatstadt Budapest verstorben ist. Wir trauern um eine Überlebende der Shoah, die viele Menschen mit ihrem Zeugnis berührte, eine kluge und herzenswarme Botschafterin der Menschlichkeit und einen großartigen Menschen.

Virtuelles Kondolenzbuch

Éva Fahidi-Pusztai überlebte als junge Frau das Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau und das Buchenwald-Außenlager Münchmühle. 49 Verwandte, darunter ihre Eltern und ihre elfjährige Schwester, wurden in der Shoah ermordet.

Als Zeitzeugin aus eigenem Erleben von den nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen zu berichten, wurde ihr in den letzten Lebensjahrzehnten zu einem tiefen Bedürfnis.

„Einmal werden wir nicht mehr da sein und dort bei diesen Erinnerungsorten wird man die Wahrheit erfahren können“, formulierte sie ihren Auftrag an den Erinnerungsort Topf & Söhne – Die Ofenbauer von Auschwitz, mit dem sie eng verbunden war.

Wir trauern um eine kluge und herzenswarme Botschafterin der Menschlichkeit, die nicht müde wurde, vor Nationalsozialismus und Menschenfeindlichkeit zu warnen. Auch wenn sie von uns gegangen ist, ihre starke, mahnende Stimme wird bleiben und uns an ihr Vermächtnis erinnern!

Éva Fahidi-Pusztai und der Erinnerungsort Topf & Söhne

Éva Fahidi-Pusztai verstarb am 11. September mit 97 Jahren in ihrer Heimatstadt Budapest. Unter den Überlebenden der Shoah, die zu den jährlichen Befreiungstagen von Auschwitz und Buchenwald als Ehrengäste nach Thüringen kamen, war sie der Landeshauptstadt Erfurt in besonderem Maße verbunden.

Zum ersten Mal kam Éva Fahidi-Pusztai mit einer Gruppe von Überlebenden des KZ Buchenwald im April 2011 in den erst vor wenigen Wochen eröffneten Erinnerungsort. Am 27. Januar 2012, dem Holocaust-Gedenktag, stellte sie ihr Buch „Die Seele der Dinge“ über das Schicksal ihrer von den Nationalsozialisten ermordeten Familie bei uns vor. Der Erinnerungsort wurde für sie zu einem Ort, dessen Aufklärungs- und Bildungsarbeit sie in hohem Maße schätzte und den sie gerne und oft als Zeitzeugin besuchte. Später sagte sie: „Wie ich das erste Mal in den Erinnerungsort Topf & Söhne gekommen bin, habe ich das Gefühl gehabt, ich bin hier zu Hause.“

eine Frau schreibt in ein Buch, drei Personen umgeben sie
Foto: © Stadtverwaltung Erfurt/Erinnerungsort Topf & Söhne

Am 9. November 2012 ehrte die Stadt Erfurt sie mit einem Eintrag in ihr Goldenes Buch. Ihre Worte widmete Éva Fahidi-Pusztai ihren Mit-Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau: „Denen, die in Auschwitz-Birkenau im Schatten der hier hergestellten Krematorien mit der Aufschrift TOPF UND SOEHNE ERFURT lebten, bleiben diese Zeiten in Erinnerung. Sie bleiben in uns als FÜR DIE EWIGKEIT BRENNENDE GEGENWART! ÉVA.“

2014 zeichnete der Förderkreis Erinnerungsort Topf & Söhne e.V. Éva Fahidi-Pusztai mit dem Jochen-Bock-Preis für Zivilcourage aus, da sie nach Jahren des Schweigens eine generationenverbindende Sprache der Erinnerung voll inspirierender Kraft und mit einer berührenden Botschaft der Menschlichkeit gefunden habe.

eine ältere Frau küsste eine jüngere Frau auf die Stirn
Foto: © Csaba Mészáros

Wenige Tage vor ihrem 90. Geburtstag im Oktober 2015 war Éva Fahidi-Pusztai zum ersten Mal in Budapest auf der Bühne zu erleben. Das Tanztheater „Sea Lavender – Or the Euphoria of Being“ hatte für sie eine große Bedeutung: „Seit 2004 rede ich meinen Holocaust aus mir heraus. Täte ich es nicht, wäre ich im Irrenhaus. Mit dem Tanz kann man sich ganz genau ausdrücken.“ Die berührende Inszenierung im Zusammenspiel von Éva Fahidi-Pusztai mit einer jungen Tänzerin brachte der Erinnerungsort als Thüringer Premiere am 27. Januar 2016 zu seinem fünfjährigen Bestehen in der Erfurter Schotte zur Aufführung.

2018 wurde Éva Fahidi-Pusztai zur Namenpatronin der Fachbibliothek im Erinnerungsort Topf & Söhne. Es war ihr großer Wunsch, der Bibliothek  Bücher aus ihrem Privatbesitz zu überlassen, damit sie dort für die Bildungsarbeit eingesetzt werden. Die Auswahl und das Abholen der Bücher in Budapest im Januar 2023 wurde nun zur letzten persönlichen Begegnung von Annegret Schüle, Oberkuratorin des Erinnerungsortes Topf & Söhne, mit Éva Fahidi-Pusztai und ihrem Lebensgefährten Andor Andrási.

Zu seinem zehnjährigen Bestehen  widmete ihr der Erinnerungsort 2021die Jubiläumsausstellung „Evas Apfelsuppe oder der Duft von Heimat. Eine Hommage an Éva Fahidi-Pusztai und das Leben“.

„Mit Eva Fahidi-Pusztai hat die Erinnerungskultur eine engagierte Kämpferin für Demokratie und Menschenrechte  verloren. Ihre Stimme wird sehr fehlen. Wir sind in Trauer bei den Angehörigen und werden – auch im Auftrag von Éva Fahidi-Pusztai – nicht nachlassen im Engagement gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus“, so Oberbürgermeister Andreas Bausewein.

drei Personen sehen sich eine Ausstellungstafel an
Foto: © Stadtverwaltung Erfurt/Dirk Urban

Annegret Schüle trauert nicht nur um eine großartige Botschafterin gegen Hass und für Menschlichkeit, sondern auch um eine Freundin. „Wir sind dankbar, dass so viele Besucherinnen und Besucher unseres Erinnerungsortes, vor allem junge Menschen,  Éva Fahidi-Pusztai erleben konnten. Ihre Bücher, ihre Reden, die Video-und Audioaufnahmen von ihr werden wir nun als unseren Schatz bewahren und damit ihre Botschaft in der Bildungsarbeit weiter tragen“, sagt sie. „Sie hat uns in unserer Arbeit bestärkt, sie war ein großartiger Mensch und eine sehr weise Frau“.

Erinnerungen in Bildern

Programmheft in Gedenken an Éva Fahidi-Pusztai

Cover-Programmheft-Oktober-Dezember-2023
Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

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