Die Gestaltung des Ortes
Ein ehemaliges Verwaltungsgebäude
Das ehemalige Verwaltungsgebäude der Firma J. A. Topf & Söhne wirkt nunmehr - nach dem Abbruch aller anderen historischen Firmengebäude - freigestellt als Solitär. Ein Zitat „Stets gern für Sie beschäftigt,…“ an der Nordwestecke des Hauses zeichnet das Haus und gibt einen ersten Hinweis auf die Inhalte der Ausstellung. Das Gebäude wurde behutsam und unter Beratung und Aufsicht der städtischen Denkmalpflege saniert. Spuren der Veränderungen wurden sichtbar gemacht. Innen wie außen wurden nicht authentische Schichten entfernt, Authentisches bleibt unverdeckt und nackt. Die notwendig zu erneuernden Fenster erhielten die historisch nachvollziehbaren Proportionen.
Die modern interpretierten Zugangstüren weisen in ihrer Machart auf die Bedeutung des Ortes und die Aktualität der Ausstellung hin. Die Böden wurden wie die Ausstellungsgestaltung als sichtbar neue Schicht im nunmehr verbliebenen, freigelegten authentischen Raum als dauerhafte Einrichtung verortet. Der neue Boden und in die Wände geschnittene neue raumhohe Öffnungen weisen dem Besucher einen neuen Weg. Die noch vorhandenen Türen und deren Überreste verblieben am Ort und wurden wie das gesamte Haus zum Exponat.
Die Ausblicke von den ehemaligen Zeichensälen und Arbeitsräumen der Firma auf die Umgebung werden durch transluzente Lasur der Fensterscheiben verwehrt. Durch das so gefilterte Tageslicht entsteht eine kontemplative Stimmung, die es dem Besucher ermöglicht, sich konzentriert und unabgelenkt auf den Ort des damaligen Geschehens und die davon berichtende Ausstellung einlassen zu können. Lediglich die Blickachsen Kurt Prüfers auf Buchenwald und die nahe gelegenen Bahngleise werden ermöglicht, um die Gesamtzusammenhänge und die Dimension des Geschehens aufzudecken. Diese authentischen Blickachsen werden von aufgearbeiteten, noch originalen Fensterkonstruktionen umrahmt und somit herausgehoben.
In Teilen des Erdgeschosses, im ehemaligen Treppenhaus und im 3. Obergeschoss – dem ehemaligen Arbeitsplatz Kurt Prüfers – wurden die Räume für die Dauerausstellung freigelegt. Das 2. Obergeschoss beherbergt die Bereiche für Pädagogik und Personal sowie Wechselausstellungen. Hier steht ein großer Seminar- und Veranstaltungsraum mit Besucherbibliothek zur Verfügung.
„Stets gern für Sie beschäftigt,…“
Als weithin sichtbares Zeichen – lesbar von Bahnreisenden wie von der Weimarischen Straße aus – ist an der Nordwest-Ecke des Hauses das Zitat „Stets gern für Sie beschäftigt... “ angebracht. Die Schrift markiert von außen die Arbeitsplätze von Fritz Sander und Kurt Prüfer, jener Ingenieure, die in Konkurrenz miteinander daran arbeiteten, die am besten geeignete industrielle Feuerungstechnik für die Verbrennung der Opfer des Völkermordes in Auschwitz zu konstruieren.
Das Zitat stammt aus einem Geschäftsbrief von J. A. Topf & Söhne an die Zentral-Bauleitung der Waffen-SS und Polizei, Auschwitz/Ost-Oberschlesien, vom 2. Februar 1943. Die Firma reagierte mit diesem Schreiben auf die dringende Bitte der SS, dass sich Oberingenieur Kurt Prüfer jede Woche zwei bis drei Tage in Auschwitz aufhalten solle. Das Original des Briefes befindet sich im Russischen Staatlichen Militärarchiv Moskau. Dieses Dokument belegt, welche Schlüsselrolle der Firma Topf & Söhne beim Aufbau der Todesfabriken in Auschwitz-Birkenau zukam. Gleichzeitig wird darin deutlich, dass die Erfurter Ingenieure der SS als selbstbewusste Geschäftspartner und nicht als Befehlsempfänger gegenübertraten. Das Briefdokument kann am Tor der Außenausstellung von den Besucherinnen und Besuchern nachgelesen werden.
Spuren im Gelände
Um das Verwaltungsgebäude in seinem geschichtlichen Kontext lesbar zu machen, wurden die direkt angrenzenden historisch bedeutsamen Spuren erhalten. Gebäude- und Bodenfragmente wie Außenmauern, Betonböden, Podeste und Wege wurden bis zu einer Höhe von ca. 50 cm über dem Geländeniveau sichtbar gemacht. Das authentische Material wurde klar abgegrenzt. Die nicht bis 1945 zu datierenden Flächen wurden mit einer Basalt-Split-Decke versehen und dienen als Rahmen für die historischen Fragmente. Hierdurch wurde das Gelände zu einer lesbaren, berührbaren Karte der Erinnerung.
Der Erinnerungsort wird von Gehwegen umsäumt, die sich von den historischen Spuren wie auch von dem Splittbelag stark unterscheiden und abgrenzen. Sie bilden gemeinsam mit dem Baum bestandenen Parkplätzen den „Alltag“. So entsteht ein scharfer Schnitt zwischen Alltag und Gedenken sowie gleichzeitig auch eine Schwelle zu einem besonderen Raum in der Umgebung eines neu geschaffenen Stadtgefüges.
Ein Zeichen für Ankommende – Ort der Erinnerung
Der ehemals Ankommende wurde von der damaligen Dreyse Straße – heute Sorbenweg – von einer pfeilergestützten Begrenzungswand zu den Einfahrtstoren der Firma geleitet, der Zutritt wurde kontrolliert. Als Zeichen der Offenheit wurde diese Wand in heutiger Sprache nachgezeichnet. Nur die Standorte der ehemaligen Mauerpfeiler wurden durch Doppelstelen aus Industriestahl markiert. Die Begrenzung ist jedoch an jeder Stelle durchlässig, das Gelände ist einseh- und betretbar, die Grenze virtuell.