Thüringer Allgemeine: Stimmen der Überlebenden sollen hörbar werden
von Elena Rauch
Erfurt. Im Januar erst war Leon Weintraub hier. Sprach vom Schweigen im Waggon, als man ihn und seine Familie aus dem Ghetto von Lodz nach Auschwitz brachte, vom letzten Blick auf die Mutter an der Rampe. Die 2023 verstorbene Eva Pusztai war häufig Gast, Esther Bejarano, Pavel Taussig, Eva Schloss …
Begegnungen mit Überlebenden des Holocaust gehören zur DNA des Erfurter Erinnerungsortes. Die Interviews, die Mitarbeiterinnen des Gedenkortes mit ihnen aufnahmen, sind inzwischen zu einem wertvollen Zeitzeugenarchiv geworden.
Abrufbar sind sie über die Internetseite des Gedenkortes. Doch es war schon lange ein Herzensprojekt des Erinnerungsortes und seines Förderkreises, sie stärker in den Ort zu holen, zugänglich für Besucher.
Das soll jetzt mit einer Spendenaktion möglich werden, mit Unterstützung aus der Zivilgesellschaft und der Bethe-Stiftung, die auf jeden gespendeten Euro gewissermaßen einen weiteren dazugibt. Das Ziel der ab 8. Mai bis zum 7. August 2025 laufenden Aktion: Eine Spendensumme von 20.000 Euro, die von der Stiftung auf 40.000 Euro verdoppelt wird.
Auschwitz-Besuche von 3000 Thüringer Schülern gefördert
Die 1996 vom Kölner Unternehmerpaar Roswitha und Erich Bethe gegründete sozial engagierte Stiftung ist in Thüringen keine Unbekannte. In den vergangenen neun Jahren besuchten mehr 3000 Thüringer Schülerinnen und Schüler dank ihrer Förderung auf Klassenfahrten Gedenkstätten in einstigen NS-Konzentrationslager, die meisten von ihnen fuhren nach Auschwitz. Angesichts des Rechtsrucks in der Gesellschaft, grassierender Fake News zur Geschichte der NS-Zeit und Unwissen darüber liege ihnen diese Förderung besonders am Herzen, so Erich Bethe. Vorbereitet werden diese nicht einfachen Fahrten am Erfurter Erinnerungsort, er leiste ungemein wichtige Arbeit. Auch das sei ein Grund, warum sie mit ihrer Stiftung die Erneuerung des Gedenkortes unterstützen.
Das Konzept der Videoinstallation „Stimmen der Überlebenden“ ist fertig. Am Ort der Mittäterschaft, wo die Öfen für Auschwitz gebaut wurden, sollen Besucher künftig mit den Erfahrungen von acht Überlebenden konfrontiert werden, erklärt die Leiterin des Erinnerungsortes, Annegret Schüle.
10.000 Euro kostet diese multimediale Präsentation, die es ohne die Spendenbereitschaft aus der Mitte der Gesellschaft nicht geben kann. Die vorhandenen Mittel und die beantragte Förderung decken sie nicht ab, erklärt Schüle. Das gilt auch für die erhöhte Nachfrage aus Schulen nach Bildungsangeboten, der Umfang der Seminare sei im vergangenen Jahr um 40 Prozent gestiegen. Jeder Schüler, der hier über Auschwitz informiert werde, sei ein Erfolg gegen Geschichtsfälscher, sagt Annegret Schüle. Mit 17.000 Euro könne man 100 Gruppen zusätzlich pädagogisch fundiert betreuen. Auch in die Erneuerung der Dauerausstellung sollen die Spenden fließen. Man werde methodische Erfahrungen aus den vergangenen Jahren sowie neue Forschungsstände in diese Aktualisierung einfließen lassen, erklärt Annegret Schüle.
Förderkreis Erinnerungsort Topf & Söhne e. V.
Sparkasse Mittelthüringen
IBAN: DE51 8205 1000 0163 1768 84
Verwendungszweck: „Verdoppelung Bethe-Stiftung“