
Fortbildung für Lehrkräfte: Seminarangebot „Kein Schlussstrich!“ zum NSU-Komplex, dem Staatsversagen in Thüringen und der extremen Rechten heute

Das Seminar kann am Erinnerungsort oder vor Ort in der Schule durchgeführt werden
In der Fortbildung stellt Leonie Dellen, Projektmitarbeiterin am Erinnerungsort Topf & Söhne, das von ihr als Kooperationsprojekt des Erinnerungsortes Topf & Söhne, der Landeszentrale für politische Bildung und des Omas gegen Rechts Erfurt e.V. entwickelte Seminar „Kein Schlussstrich!“ zum NSU-Komplex, dem Staatsversagen in Thüringen und der extremen Rechten heute vor.
Nach einer Einführung in das Thema erläutert Leonie Dellen die Lernziele des Seminars. Sie thematisiert den Zusammenhang mit dem im Juni 2024 am Thüringer Landtag eingeweihten Erinnerungsort an die Opfer des NSU und der dazu gehörenden Webseite www.schattenwurf.org/de/ und stellt die im Seminar zum Einsatz kommenden Bildungsmaterialien vor. Sie gibt Hinweise zur Vor- und Nachbereitung des Seminars im Unterricht und stellt darüber Links zu Materialien bereit, mit denen das Thema auch unabhängig vom Seminar im Unterricht behandelt werden kann.
In dem von Leonie Dellen konzipierten Seminarangebot lernen die Schülerinnen und Schüler Geschichte und Hintergründe des NSU-Komplexes anhand vielfältiger und diskursiver Methoden kennen. Im ersten Teil setzen sie sich mit Biografien der Mordopfer des NSU auseinander und lernen diese Menschen über die Erinnerungen ihrer Angehörigen kennen. Durch diesen stark betroffenenzentrierten Einstieg wird generell die Empathie mit Menschen gefördert, die von Rassismus betroffen sind.
In einem weiteren Schritt setzen sich die Jugendlichen mit den Taten des NSU auseinander und erkennen, wie weit die tatsächlichen Tatmotive und -hintergründe und die damaligen Ermittlungsrichtungen auseinanderklafften und wie vehement Rassismus als Tatmotiv von Seiten der staatlichen Behörden ausgeschlossen wurde. Die Teilnehmenden hinterfragen die Verantwortung des Verfassungsschutzes und reflektieren, dass die Morde bei einer konsequenten Ermittlung und Weitergabe von Informationen durch die Sicherheitsbehörden möglicherweise hätten verhindert werden können.
Darauf aufbauend beschäftigen sich die Jugendlichen in Kleingruppen eingehend mit der Perspektive der Hinterbliebenen auf die Ermittlungen der Polizei. Hier liegt ein Fokus auf der frühen und klaren Benennung von Rassismus als mögliches Mordmotiv von Seiten der migrantischen community, der sekundären Viktimisierung der Angehörigen durch die Polizei und der widerständigen Praxis, die die Betroffenen entwickelten.
Zum Abschluss wird in einem Modul zu rechtsextremen Kontinuitäten noch einmal der Kontext beleuchtet, in dem sich der NSU bewegte. Vor dem Hintergrund neuerer rechtsextremer Terrorgruppen wird die Aktualität der Gefährdung durch rechten Terror herausgestellt. Es wird diskutiert, was es bedeutet, dass der Rechtsextremismus derzeit als die größte Bedrohung für die Demokratie in Deutschland gilt und wie Gegenstrategien im eigenen Alltag, in der Schule und in der Gesellschaft generell aussehen können.
Das Seminar ist für Schülerinnen und Schüler ab der 10. Klasse geeignet und dauert fünf Stunden. Es wird im Erinnerungsort Topf & Söhne angeboten, kann aber dank der Finanzierung der Landeszentrale in begrenzter Anzahl auch direkt vor Ort an einer Thüringer Schule durchgeführt werden, wobei die Buchung ebenfalls über den Erinnerungsort Topf & Söhne erfolgt.