Dr. Leon Weintraub – Geschichte eines Weiterlebens | AUSGEBUCHT

31.01.2025 11:00 – 31.01.2025 13:00

Lesung und Gespräch mit Dr. Leon Weintraub, Überlebender des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau und der Konzentrationslager Groß-Rosen, Flossenbürg und Natzweiler-Struthof
Moderation: Sophie-Marie Hohmann, wissenschaftliche Projektmitarbeiterin am Erinnerungsort Topf & Söhne
Die Veranstaltung ist leider ausgebucht, sie wird live auf unserem Instagramkanal übertragen: @erinnerungsort_topfundsoehne

Porträt von älteren Mann
Leon Weintraub Foto: © Leon Weintraub
31.01.2025 13:00

Dr. Leon Weintraub – Geschichte eines Weiterlebens

Genre Veranstaltung
Veranstalter Stadtverwaltung Erfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne
Veranstaltungsort Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7, 99099 Erfurt

Zeitzeugenbegegnung und Lesung aus „Die Versöhnung mit dem Bösen. Geschichte eines Weiterlebens“

Leon Weintraub wurde am 1. Januar 1926 als jüngstes Kind der Familie im polnischen Łódź geboren. Ein Jahr später starb der Vater. Die Mutter musste nun mit ihrer kleinen Wäscherei, die auch als Wohnraum für die Familie diente, alleine für ihre fünf Kinder sorgen. Ein Lichtblick für den jungen Leon war die Bildung. Der begabte Junge sollte ab Herbst 1939 das Gymnasium besuchen können, der armen Familie waren die Schulgebühren erlassen worden. Diese Perspektive zerstörten die Deutschen, die eine Woche nach dem Überfall der Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 auch Łódź besetzten und die in der Stadt lebenden etwa 160.000 Jüdinnen und Juden in ein Ghetto zwangen. Auch Leon Weintraub musste mit seiner Mutter und seinen vier Schwestern dort in nur einem Zimmer leben. Zwölf Stunden am Tag leistete der 13-jährige getrennt von seiner Familie in einer Metallfabrik und einer Elektrowerkstatt Zwangsarbeit, er hatte große Angst und ständigen Hunger.

Als die sowjetische Armee im Sommer 1944 vorrückte, begannen die Nationalsozialisten mit der Auflösung des Ghettos und der Deportation der Jüdinnen und Juden in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Die Familie Weintraub versteckte sich, doch sie wurde schnell entdeckt und im August nach Auschwitz verschleppt. Nur Leon Weintraubs Schwester Róża konnte noch einige Zeit im Ghetto untertauchen, bevor sie im Herbst 1944 ebenfalls nach Auschwitz deportiert wurde.

Bei der Ankunft im Lager wurden Leon Weintraub und die Schwestern von der Mutter getrennt. Sie sahen sie nie wieder. Der Junge erlebte grausame Gewalt an seinen Mitgefangenen, er sah und roch den Rauch aus den Schornsteinen der Krematorien mit den Öfen von Topf & Söhne. Durch seinen Mut, sich unbemerkt einem bereits zusammengestellten Häftlingstransport anzuschließen, konnte er Auschwitz-Birkenau im Winter 1944 verlassen.

Mit dem Transport kam er in ein Außenlager des Konzentrationslagers Groß-Rosen. Am 25. Februar 1945, da war das rund 300 km entfernte Auschwitz schon einen Monat zuvor von der Roten Armee befreit worden, wurden er und die anderen Häftlinge von der SS auf einen Todesmarsch in das Konzentrationslager Flossenbürg getrieben. Nach drei Tagen zu Fuß durch Eis und Schnee ohne jede Nahrung war Leon Weintraub abgemagert und erschöpft, mehr tot als lebendig. Ende März wurden die Gefangenen weiter nach Offenburg in ein Außenlager von Natzweiler-Struthof verschleppt. Am 12. April löste die SS das Lager auf und trieb die Gefangenen zurück nach Westen. Beim Angriff eines französischen Jagdbombers konnte Leon Weintraub trotz völliger Entkräftung und einer Fleckfieberinfektion mit weiteren Häftlingen von der Gruppe fliehen und so sein Leben retten. Drei seiner Schwestern wurden im Konzentrationslager Bergen-Belsen befreit, seine Schwester Róża und seine Mutter wurden von den Nationalsozialisten ermordet.

Im November 1946 begann Leon Weintraub, der nur sechs Jahre eine Grundschule hatte besuchen können und kaum Deutsch sprach, ein Medizinstudium in Göttingen. Die britische Militärregierung hatte die Universität dort verpflichtet, einigen Überlebenden ein Studium zu ermöglichen. Während des Studiums lernte er Deutsch und holte sein Abitur nach. Nach seinem Studium arbeitete er als Gynäkologe in Polen. Als die polnische Regierung auf die Studentenrevolte 1968 mit einer massiven antisemitischen Hetzkampagne antwortete und tausende Jüdinnen und Juden aus staatlichen Institutionen entlassen wurden, verlor auch Leon Weintraub seine Stelle als Oberarzt an einer Frauenklinik. Er emigrierte nach Schweden, wo er bis heute lebt. 2022 veröffentlichte er mit der polnischen Journalistin Magda Jaros sein Buch „Die Versöhnung mit dem Bösen. Geschichte eines Weiterlebens.“

Schulen unterstützen wir in der inhaltlichen Vorbereitung der Veranstaltung gerne mit Material und Hinweisen.

Im Rahmen des DenkTages der Konrad-Adenauer-Stiftung
und in Zusammenarbeit mit
Bildungswerk ver.di Thüringen e.V.

Für die Veranstaltung ist eine Anmeldung erforderlich:

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