Abgesagt: Die Morde von Mechterstädt 1920. Zur Geschichte rechtsradikaler Gewalt in Deutschland
Buchvorstellung mit Dr. Dietrich Heither, Politologe und Lehrer für Politik, Wirtschaft, Deutsch und Geschichte
„Wer die bestialisch zugerichteten Leichen gesehen hat, der wird mir sicher zustimmen, dass Individuen, die solcher Taten fähig sind, nicht nur heute in sturmbewegter Zeit, sondern immer eine Gefahr für ihre Mitmenschen bilden.“ So kommentierte der sozialdemokratische Gewerkschafter Johann Seehofer 1920 die Morde, die in den Morgenstunden des 25. März 1920 an 15 Arbeitern aus Thal bei Mechterstädt in Thüringen verübt wurden. Die Mörder waren 14 Mitglieder des Marburger Studentenkorps. Sie waren nach Thüringen gekommen, um den Arbeiterprotest niederzuschlagen, der in Abwehr des als Kapp-Putsch bekannt gewordenen konterrevolutionären Staatsstreichs von hohen Militärs entstanden war und auch nach dessen Scheitern Mitte März anhielt. Die Studenten hatten die Arbeiter nach ihrer Festnahme angeblich „auf der Flucht erschossen“, tatsächlich jedoch hingerichtet.
Das Gerichtsverfahren gegen die Täter war geprägt von Absprachen zwischen Anklage und Verteidigung, manipulierten Zeugen und der Beseitigung von Beweismitteln. Im Ergebnis wurden die Täter freigesprochen.
„Mechterstädt“ steht synonym für den barbarischen innenpolitischen Krieg gegen die revolutionären und demokratischen Kräfte der jungen Weimarer Republik, für die Kontinuitäten einer vordemokratischen Gesinnungsjustiz und die folgenschwere Radikalisierung eines Netzwerks völkisch-nationalistischer Organisationen.
Dietrich Heither promovierte über die Deutsche Burschenschaft und ist Experte für die Geschichte studentischer Verbindungen. Seine Studie über die Morde von Mechterstädt, die er gemeinsam mit Adelheid Schulze verfasste, analysiert die Ursachen wie die folgenschweren Wirkungen rechtsradikaler Gewalt der akademischen Rechten in der Weimarer Republik.
Die Veranstaltung findet in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung statt.