Ein deutsches Familienunternehmen
Das Erfurter Unternehmen wurde 1878 vom Braumeister Johann Andreas Topf (1816–1891) als feuerungstechnisches Baugeschäft gegründet. Sein Sohn Ludwig Topf (1863–1914) erweiterte es unter dem Namen J. A. Topf & Söhne zu einem Betrieb mit über 500 Mitarbeitern. J. A. Topf & Söhne gehörte schon vor dem Ersten Weltkrieg zu den weltweit führenden Herstellern von Mälzereianlagen für Brauereien. Weitere Schwerpunkte der Produktion waren der Dampfkessel-, Schornstein- und Speicherbau. Bald kamen Be- und Entlüftungsanlagen sowie seit 1914 Einäscherungsöfen für Krematorien hinzu.
In der Weimarer Republik leiteten von Ludwig Topf eingesetzte Direktoren den weiter expandierenden Betrieb. Die Weltwirtschaftskrise Anfang der 30er Jahre führte jedoch beinahe zur Zahlungsunfähigkeit von Topf & Söhne. Erst die Aufrüstung des Deutschen Reiches bescherte dem Unternehmen nach 1935 wieder steigende Umsätze.
Ludwig Topf wurde als erster Sohn von Ludwig und Elsa Topf 1903 in Erfurt geboren. Nach dem Abitur schrieb er sich im Wintersemester 1922/23 an der Technischen Hochschule in Hannover im Fach Maschinenbau ein.
Das Verhältnis zu seiner Mutter, die seit dem frühen Tod von Ludwig Topf sen. († 1914) Inhaberin des Betriebes war, verschlechterte sich zusehends. Obwohl er einer wohlhabenden Unternehmerfamilie entstammte, musste er sich neben dem Studium als Arbeiter, Hauslehrer, Aushilfskraft oder Kohlentrimmer auf einem Hochseedampfer verdingen.
Zwischen 1926 und 1931 studierte Ludwig Topf in Berlin, Rostock und Leipzig u. a. Nationalökonomie, Soziologie und Jura. Er begann eine Doktorarbeit zum Thema „Die Malzfabrikation in Deutschland“. 1931 trat er als Angestellter in den Betrieb ein.
Ernst Wolfgang Topf, geboren 1904, schloss die Schule 1922 mit dem Abitur ab und absolvierte eine kaufmännische Lehre in Hannover. Zusammen mit seinem Bruder Ludwig ging er nach Leipzig, wo er nach vier Jahren an der Handelshochschule ein kaufmännisches Diplom erwarb. Nebenbei studierte er Jura und plante eine Promotion. 1929 änderte er, auch auf Druck der Mutter, seine Pläne und trat in den Betrieb ein. Er war zunächst Angestellter zur Einarbeitung.Ende April 1933 wurden Ludwig und Ernst Wolfgang Topf Mitglieder der NSDAP. In der Folgezeit konnten sie im Betrieb mehr und mehr Einfluss gewinnen. 1935 wurde die Firma in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Die Brüder Topf übernahmen als allein haftende Gesellschafter die Leitung der Firma.
Topf & Söhne war bereits vor dem Ersten Weltkrieg mit über 500 Angestellten kein mittelständisches Unternehmen mehr.
Zur Firmenpolitik gehörte es, die Beschäftigten durch soziale Leistungen wie Pensionen und Wohnungen sowie durch Prämien an den Familienbetrieb zu binden.An den Leitgedanken einer „Betriebsgemeinschaft“ konnte die nationalsozialistische Ideologisierung und Politisierung der Arbeitswelt nach 1933 anknüpfen. Dazu gehörten die Einsetzung der Brüder Topf als „Betriebsführer“ und der Beitritt zur „Deutschen Arbeitsfront“ (DAF).
1939 hatte die Belegschaft mit 1.150 Personen ihren höchsten Stand erreicht. Im Krieg reduzierte sie sich um etwa die Hälfte, da viele Männer zur Wehrmacht eingezogen wurden. An ihrer Stelle mussten Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in der Firma arbeiten.
Nur die deutschen Beschäftigten zählten zur Betriebsgemeinschaft. Für die Firmeninhaber gehörten dazu auch die bei Topf und Söhne arbeitenden KPD-Mitglieder und als „Halbjuden“ Verfolgte, die bereits Verfolgungs- oder sogar Hafterfahrungen gemacht hatten.
Nach der Wirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre brachte besonders der Silobau steigende Umsätze. Während des Zweiten Weltkriegs produzierte Topf & Söhne auch Rüstungsgüter, vor allem Granaten und Ersatzteile für die „Heinkel 111“, den Standardbomber der deutschen Luftwaffe.
Im Bereich D „Feuerungsbau“ wurden seit 1914 Einäscherungsöfen für Krematorien entwickelt. Schon bald war es Topf & Söhne gelungen, sich in dem neuen Markt als Branchenführer zu etablieren. Das Geschäft mit den Krematorien machte allerdings nur einen geringen Teil des Gesamtumsatzes der Firma aus. Im Jahr 1941 wurde die Unterabteilung D IV „Spezialofenbau“ unter der Leitung von Kurt Prüfer gebildet, die ausschließlich für den Bau von Einäscherungs- und Müllverbrennungsöfen zuständig war.
Kurt Prüfer wurde als Sohn des Lokomotivführers Hermann Prüfer 1891 geboren. Nach der Realschule lernte er zunächst Maurer. In Erfurt studierte Kurt Prüfer sechs Semester Hochbau, bevor er als 20jähriger in die Firma J. A. Topf & Söhne eintrat. Dort arbeitete er bis zum Beginn seines Militärdienstes ein Jahr als Techniker.
Im Ersten Weltkrieg war Prüfer Soldat an der Westfront. Nach Erfurt zurückgekehrt, beendete er 1920 sein Studium und trat erneut bei Topf & Söhne ein. Er spezialisierte sich auf die Konstruktion von Krematoriumsöfen und hatte wesentlichen Anteil an der Etablierung von Topf & Söhne als Marktführer in diesem Bereich. Sein Beitrag zum Gesamtumsatz der Firma aber blieb gering. Entsprechend konnte Prüfer als verantwortlicher Ingenieur für Krematoriumsbau mit der ihm zugestandenen Provision sein Gehalt nur geringfügig aufbessern. Während der Wirtschaftskrise Anfang der 30er Jahre wendete er seine Kündigung nur durch die Hinnahme massiver Gehaltskürzungen ab. Selbst nachdem er 1935 zum Oberingenieur ernannt wurde, bekam er keine Prokura, war also nicht zeichnungsberechtigt und blieb bei Geschäftsabschlüssen abhängig von seinen Vorgesetzten.
Im April 1933 trat Prüfer zeitgleich mit den Brüdern Topf in die NSDAP ein. Als die SS ab 1939 in ihren Lagern Krematorien errichtete, sah er seine Chance zur Profilierung und Einnahmesteigerung.
Das erste deutsche Krematorium wurde im November 1878 in Gotha in Betrieb genommen. Bis 1914 kamen lediglich rund zwanzig weitere hinzu.
Die ersten Anhänger der Feuerbestattung, die sog. Krematisten, entstammten dem Bürgertum. Sie organisierten sich in Vereinen und warben für die Einäscherung des Leichnams als zeitgemäße Form der Bestattung. Die Gegner der Leichenverbrennung verurteilten diese als pietätlos und unchristlich.
Um die Feuerbestattung populärer zu machen, fügten die Krematisten Elemente der traditionellen Bestattungskultur in den Ablauf der Leichenverbrennung ein. Während sich die Krematoriumsarchitektur an Kirchen und Tempeln orientierte, um einen sakralen Charakter der Einäscherung zu betonen, verbarg man die technischen Anlagen im Untergeschoss.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Feuerbestattung aufgrund ihrer inzwischen niedrigen Kosten vor allem in den städtischen Arbeiterkreisen bevorzugt. Erst 1934 erfolgte eine reichseinheitliche Gesetzgebung, welche die Feuerbestattung der Erdbestattung gleichstellte.
In diesem Zusammenhang empfahl sich die Firma Topf & Söhne als Hersteller von Krematoriumstechnik, die eine besonders würdige Einäscherung ermöglichte. Als zuständiger Ingenieur betonte Kurt Prüfer, „die Feuerbestattung [dürfe] nicht auf die Stufe der Kadaververnichtung sinken [...], sondern [müsse] vor allem Gründe der Hygiene und Pietät [...] berücksichtigen“.
Nach Jahrzehnten der Diskussion vereinheitlichte das Gesetz die bis dahin unterschiedlichen geltenden Vorschriften der einzelnen Länder. Das Gesetz gilt in einigen deutschen Bundesländern bis heute.
Gesetz über die Feuerbestattung 1934, § 2, Abs. 1:
Die Bestattungsart richtet sich nach dem Willen des Verstorbenen.
Gesetz über die Feuerbestattung 1934, § 8, Abs. 1:
Die Genehmigung zur Errichtung einer Feuerbestattungsanlage darf nur Gemeinden, Gemeindeverbänden und solchen Körperschaften des öffentlichen Rechts, denen die Sorge für die Beschaffung öffentlicher Begräbnisplätze obliegt, erteilt werden. Bei Erteilung der Genehmigung ist auf eine würdige Ausgestaltung der Anlage hinzuwirken.
Gesetz über die Feuerbestattung 1934, § 3, Abs. 2:
Die Genehmigung [zur Feuerbestattung] darf nur erteilt werden, wenn beigebracht sind
1. die amtliche Sterbeurkunde;
2. eine nach einer Leichenschau ausgestellte, mit Angabe der Todesursache versehene amtsärztliche Bescheinigung, daß sich ein Verdacht, der Verstorbene sei eines nicht natürlichen Todes gestorben, nicht ergeben hat.
Betriebsordnung für Feuerbestattungsanlagen vom 5. November 1935, § 5, Abs. 3 u. 4:
Es ist darauf zu achten, daß sich die Einäscherung würdig gestaltet.
Betriebsordnung für Feuerbestattungsanlagen vom 5. November 1935, § 5, Abs. 6:
Während des Einäscherungsvorganges ist darauf zu achten, daß dem Schornstein möglichst kein Rauch entströmt. Eingriffe jeder Art zur Beschleunigung des Vorganges sind streng verboten.
Verordnung zur Durchführung des Feuerbestattungsgesetzes vom 10. August 1938, § 13:
In jeder Einäscherungskammer darf jeweilig nur eine Leiche eingeäschert werden. An den Särgen ist vor der Einbringung in den Verbrennungsofen ein durch die Ofenhitze nicht zerstörbares Schild anzubringen, auf welchem die Nummer, unter der die Eintragung in das Einäscherungsverzeichnis erfolgt ist, sowie der Name der Feuerbestattungsanlage deutlich sichtbar eingeschlagen sein muss. Die Aschenreste jeder Leiche sind mit dem Nummernschild in einem widerstandsfähigen, dauerhaften, luft- und wasserdichten Behältnis zu sammeln, das durch eine amtlich bestellte Person zu verschließen ist. Der Deckel des Behältnisses ist mit einem festsitzenden dauerhaften Schild zu versehen, das in deutlicher, geprägter Schrift folgende Angaben zu enthalten hat:
1. die mit dem Einäscherungsverzeichnis und dem Nummernschild in der Asche übereinstimmende Einäscherungsnummer,
2. Zu- und Vorname sowie Stand des Verstorbenen,
3. Ort, Tag und Jahr seiner Geburt,
4. Ort, Tag und Jahr seines Todes,
5. Ort und Tag der Einäscherung.